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AKV Insolvenzstatistik Jänner bis November 2024

Firmeninsolvenzen

Entwicklung der Firmeninsolvenzen im Jahr 2024

Nachdem die mediale Berichterstattung in den letzten Wochen von großen Insolvenzfällen geprägt war, möchte der AKV kurz vor Jahresende einen Vergleich zu den Vorjahren ziehen und die dramatische Entwicklung in den letzten beiden Monaten aufzeigen.

Während die August- und Septemberzahlen noch eine leichte Entspannung am Insolvenzsektor hätten erwarten lassen, zeigen nun die Zahlen für Oktober und November, dass doch keine Trendumkehr in Sicht ist.

Während im – bereits insolvenzstarken – Jahr 2023 (Jänner bis November) monatlich im Durchschnitt 277 Firmeninsolvenzverfahren eröffnet wurden, waren es von Jänner bis November 2024 durchschnittlich 346 Eröffnungen. Auf das Jahr hochgerechnet bedeutet dies, dass in Österreich heuer über das Vermögen von 4.146 Unternehmungen Insolvenzverfahren eröffnet wurden bzw. werden.

Im Zeitraum Jänner bis November haben sich die Firmeninsolvenzen in den Jahren 2023 und 2024 wie folgt entwickelt:

Jänner bis November 2024  2023  
Eröffnete Insolvenzverfahren 3 801 3 046 + 24,79 %
Verfahrensabweisungsbeschlüsse 2 398 1 968 + 21,85 %
Firmeninsolvenzen gesamt 6 199 5 014 + 23,63 %

Die eröffneten Firmeninsolvenzen sind von Jänner bis November 2024 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2023 um ein Viertel (+ 24,79 %) auf 3.801 Verfahren gestiegen.

Bereits mit unserer Insolvenzstatistik für den Zeitraum 1.- 3. Quartal 2024 haben wir aufgezeigt, dass wir einen Höchststand an eröffneten Firmeninsolvenzen und historische Höchstwerte im Bereich der Passiva erreicht haben.

Es ist bereits wenige Wochen vor Jahresende festzuhalten, dass 2024 ein Rekordpleitenjahr an Firmeninsolvenzen geworden ist.

So wurden bereits bis September des heurigen Jahres mehr Firmeninsolvenzen eröffnet als in den Gesamtjahren 2018 (2.981) und 2019 (3.045).

Den bisherigen Höchstwert an eröffneten Firmeninsolvenzen aus dem Gesamtjahr 2023 (3.364) haben wir bereits im Oktober des heurigen Jahres überschritten.

Wie oben ausgeführt, werden bei einer konstanten Entwicklung im Dezember bis zum Jahresende über das Vermögen von 4.146 Unternehmen Insolvenzverfahren eröffnet sein.

Entwicklung der Firmeninsolvenzen in den einzelnen Bundesländern

Die Steigerungsraten in den einzelnen Bundesländern für den Zeitraum Jänner bis November ergeben sich aus nachstehender Tabelle und Grafik:

Jänner – November 2024  2023
Wien 1 374 1 068 + 28,65 %
Niederösterreich 669  635 + 5,35 %
Oberösterreich  433  331 + 30,82 %
Salzburg  186  160 + 16,25 %
Tirol  217  168 + 29,17 %
Vorarlberg  94  71 + 32,39 %
Burgenland  148  98 + 51,02 %
Steiermark  486  391 + 24,30 %
Kärnten  194  124 + 56,45 %
eröffnete Firmeninsolvenzen 3 801 3 046 + 24,79 %

Gefährdete Arbeitsplätze

Vorige Woche veröffentlichte das AMS die erschreckenden Arbeitslosenzahlen.

Nicht unerwartet ist daher auch die Anzahl der – von den eröffneten Firmeninsolvenzen – betroffenen Dienstnehmer im Vergleich zum Vorjahr gestiegen:

Jänner bis November 2024: 21.315
Jänner bis November 2023: 17.149

Geht man bis ins Jahr 1980 zurück, so waren die meisten Dienstnehmer bei folgenden insolventen Unternehmen beschäftigt:

Die KTM-Gruppe nimmt in der Historie den 4. Platz ein.

Im heurigen Jahr 2024 haben folgende Insolvenzen die meisten Arbeitsplätze gefährdet:

Top 5 Insolvenzen Österreich nach Dienstnehmer

 Gericht Name DN
17 S 56/24b KTM AG
5230 MATTIGHOFEN Stallhofner Straße 3
2.380
14 S 173/24t Leiner & kika Möbelhandels GmbH
3100 ST. PÖLTEN Porschestraße 7
1.350
17 S 62/24k KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH
5230 MATTIGHOFEN Stallhofner Straße 3
765
3 S 30/24t PEPCO Austria GmbH
1100 WIEN G.-Fröhlich-Sandner-Straße 2-4
600
14 S 18/24y Brucha Gesellschaft m.b.H.
3451 MICHELHAUSEN Rusterstraße 33
504

Gesamtpassiva der eröffneten Unternehmensinsolvenzen

Im Jahr 2023 haben die ersten SIGNA-Insolvenzen zu Passiva mit historischen Höchstwerten in der Höhe von circa 14 Mrd. geführt, wobei sich dieser Wert nachträglich sogar in Folge der Forderungsanmeldungen von Gläubigern erhöht hat. Heute gehen wir bei den 3 großen SIGNA Gesellschaften, die 2023 eröffnet wurden, von folgenden Passiva aus:

HG Wien SIGNA Prime Selection AG 5 900 000 000,00
HG Wien SIGNA Holding GmbH 5 000 000 000,00
HG Wien SIGNA Development Selection AG 1 900 000 000,00

Im Jahr 2024 sind es hingegen bereits 5 Fälle mit Passiva in Milliardenhöhe, wie nachstehende Tabelle zeigt:

 Gericht Name Passiva EUR
17 S 56/24b KTM AG
5230 MATTIGHOFEN Stallhofnerstraße
2.740.000.000,00
7 S 16/24y Einzelunternehmen René Benko
6080 INNSBRUCK-IGLS
2.425.810.000,00
7 S 19/24i Familie Benko Privatstiftung
6020 INNSBRUCK Maria-Theresien-Straße 31
2.279.914.000,00
27 S 74/24w Fisker GmbH
8041 GRAZ Liebenauer Hauptstraße 2-6
1.540.296.000,00
9 S 240/24v SIGNA Prime Holding GmbH
1010 WIEN Freyung 3
1.317.599.000,00
4 S 78/24h SIGNA Prime Beteiligung GmbH
1010 WIEN Freyung 3
829.542.000,00
5 S 141/24f IMFARR Beteiligungs GmbH
1040 WIEN Schwindgasse 5/Top I/02-OG
604.000.000,00
3 S 115/24t SIGNA Development Selection Beteiligung GmbH
1010 WIEN Freyung 3
360.337.000,00
7 S 57/24b SDS M2 2026 GmbH & Co KG
6020 INNSBRUCK Maria-Theresien-Straße 31
295.327.000,00
38 S 29/24b Mariahilfer Straße 10-18 Immobilien GmbH
1010 WIEN Freyung 3
270.000.000,00

Überraschend hierbei ist, dass es sich nicht nur um Insolvenzfälle rund um die SIGNA-Gruppe handelt, sondern auch um zwei Industriebetriebe. Es zeigt sich daher, dass die Milliardenpleiten auch auf andere Branchen übergegriffen haben.

Dies bedeutet, dass man im Jahr 2024 auch in diesem Segment historische Höchstwerte erreicht hat, nachdem bereits in den ersten 11 Monaten des Jahres 2024 Gesamtpassiva von circa EUR 18,4 Mrd. verzeichnet wurden:

Passiva

Jänner bis November 2024: EUR 18,420.000.000,-
Jänner bis November 2023: EUR 7,769.000.000,-

Sämtlichen Großinsolvenzen ist gemein, dass sich die tatsächliche Höhe der Verbindlichkeiten noch nicht abschätzen lässt.

KTM Insolvenzen

Diesbezüglich ist auch zur KTM-Gruppe auszuführen, dass die Vermögensübersichten Verbindlichkeiten zwischen EUR 1,97 Mrd. und EUR 2,92 Mrd. ausweisen, je nachdem, ob man von einem Fortführungs- oder einem Liquidationsszenario ausgeht.

  bei Schließung und Liquidation bei Fortführung und Sanierung
KTM AG EUR 2,739.654.000 EUR 1,824.342,000
F&E EUR 105.450.000 EUR 96.163.000
Components EUR 79.123.000 EUR 57.695.000
insgesamt EUR 2,924.227.000 EUR 1,978.200.000

Tatsächlich wird wiederum abzuwarten sein, in welcher Höhe Gläubiger Forderungen geltend machen werden.

Jedenfalls überprüfungsbedürftig ist in den KTM-Verfahren der beträchtliche Anstieg der Verbindlichkeiten im Jahr 2024. So sind allein bei der KTM AG die Bankverbindlichkeiten von circa EUR 800 Mio. per 31.12.2023 auf circa EUR 1,3 Mrd. bis zur Insolvenzeröffnung angestiegen. Nach dem Vermögensstatus sollen diese zur Gänze unbesichert sein, zumindest im Vermögen der KTM AG. Ob Drittsicherheiten bestehen, ist noch offen und zu überprüfen.

Da wir kein Konzerninsolvenzrecht haben, ist beim Stimmrecht der Banken lediglich darauf abzustellen, ob sie im Vermögen der KTM AG besichert sind. Ein Stimmrecht hat man nämlich nur in Höhe des unbesicherten Teils (Ausfalls). Sicherheiten in weiteren KTM-Gesellschaften des Konzerns würden bei der Abstimmung über einen Sanierungsplan im Insolvenzverfahren der KTM AG unberücksichtigt bleiben.

Bereits rund um die SIGNA-Insolvenzen hat der AKV hervorgehoben, dass eine Gesetzesnovelle im Bereich „Konzerninsolvenzrecht“ in Erwägung gezogen werden sollte. Der AKV hat dies auch in einer von Frau BMJ Dr. Alma Zadic einberufenen Expertengruppe zum Ausdruck gebracht, in welcher es um die Erhöhung der Strafen bei nicht rechtzeitiger Vorlage der Bilanzen beim Firmenbuchgericht ging.

Auch in den KTM-Insolvenzen werden die wechselseitigen Verflechtungen im Konzern zu prüfen sein. So sind im Jahresabschluss der KTM AG zum 31.12.2023 Finanzanlagen bzw. Beteiligungen in der Höhe von EUR 476,1 Mio. sowie Forderungen gegen verbundene Unternehmen in der Höhe von EUR 654,3 Mio. ausgewiesen.

Branchen

Bezüglich der Branchen ist auszuführen, dass nun der Handel mit den meisten Insolvenzen betroffen ist. Der Handel hatte im Zeitraum Jänner bis November 2024 941 Insolvenzen zu verzeichnen, gefolgt vom Bau (841) und der Gastronomie (661).

gescheiterte Sanierungen

Das Jahr 2024 war auch von Fällen gescheiterter Sanierungen geprägt.

So scheiterte der bei der Leiner & kika Möbelhandels GmbH im Jahr 2023 abgeschlossene Sanierungsplan in der Erfüllungsphase, sodass man am 14.11.2024 neuerlich ein Insolvenzverfahren beantragen musste. Bereits zuvor wurde der Personalstand um fast 2.000 auf 1.350 Dienstnehmer reduziert. Im neu eröffneten Sanierungsverfahren wurde der Sanierungsplanantrag am 4.12.2024 zurückgezogen, so dass das Verfahren als Konkursverfahren mit Verwertung fortgesetzt werden wird.

Bekanntlich scheiterte auch der Sanierungsplan der SIGNA Prime Selection AG nach einer Entscheidung des OGH. Mit einer gleichlautenden Entscheidung rechnen wir im Verfahren der SIGNA Development Selection AG.

Auch in den Verfahren der Windhager-Gruppe mussten die Sanierungspläne zurückgezogen werden, sodass die betreffenden Unternehmen bzw. die Aktiva veräußert wurden.

Erst diese Woche wurde auch der angenommene Sanierungsplan der IMFARR Beteiligungs GmbH vom HG Wien nicht bestätigt, nachdem einzelne Rückstehungserklärungen nicht erlangt werden konnten.

Antragsstellungen

Firmeninsolvenzen können über Eigenantrag des schuldnerischen Unternehmens oder über einen Gläubigerantrag eröffnet werden. In den ersten 11 Monaten des heurigen Jahres sieht das Verhältnis von Eigen- zu Gläubigeranträgen wie folgt aus:

 
Eigenanträge 1.665 43,80 %
Gläubigeranträge 2.136 56,20 %
Gesamt 3.801 100,00 %

Mehrheitlich sind leider weiterhin die Insolvenzeröffnungen nicht auf Initiativen der schuldnerischen Unternehmen, sondern auf Gläubigeranträge zurückzuführen.

Wöchentlich wurden heuer über das Vermögen von 80 Unternehmen in Österreich Insolvenzverfahren eröffnet.

Ausblick Firmeninsolvenzen

Die Rezession hält sich in Österreich weiter hartnäckig und führte nicht nur dazu, dass es im Oktober und November zur Eröffnung mehrerer Großinsolvenzen (Leiner & kika Möbelhandels GmbH und KTM-Gruppe) kam, sondern es mussten auch viele Klein- und Mittelunternehmen ihre Zahlungsunfähigkeit eingestehen.

Die Produktions- und Investitionsrückgänge in der Immobilienkrise haben sich wie befürchtet auf den Handels- und Industriesektor übertragen. Durch die hohe Verunsicherung ist die Auftragslage in der Industrie weiterhin schwach und führt zu überfüllten Lagern und zum Wegfall von Arbeitsplätzen. Die daraus resultierende Unsicherheit am Arbeitsmarkt führt wiederum zu einem zurückhaltenden Konsumverhalten und zu einer sich beschleunigenden Wirtschaftskrise.

Diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben entsprechend unseren Prognosen im Jahr 2024 zu annähernd 7.000 Firmeninsolvenzen geführt. In den ersten 11 Monaten waren es 6.199 Fälle und gegen Jahresende werden es voraussichtlich 6.760 Firmeninsolvenzen sein.

Die nach unten revidierten Wirtschaftsprognosen werden sich weiterhin in den nächsten Monaten in der Insolvenzstatistik widerspiegeln. Wir rechnen mit einer gleichbleibenden Entwicklung zumindest bis zur Jahresmitte 2025.

Privatinsolvenz

Bezüglich der Privatinsolvenzen führen wir lediglich aus, dass sich für die ersten 11 Monate des heurigen Jahres nachstehende Entwicklung zeigt:

Jänner – November 2024  2023  
Schuldenregulierungsverfahren 8.193 8.155 +   0,47 %
Verfahrensabweisungen 805 792 + 1,64 %
Privatinsolvenzen gesamt 8.998 8.947 +   0,57 %

Wir bewegen uns daher annähernd am Vorjahresniveau. Bis Jahresende werden daher knapp 9.000 Privatinsolvenzen eröffnet werden.

Das Jahr 2024 liegt weit hinter den Jahreszahlen an eröffneten Privatinsolvenzen der Jahre 2019 (9.497) und 2018 (10.058) zurück.

Im heurigen Jahr wurden wöchentlich 172 Privatinsolvenzverfahren eröffnet.

Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten.

Rückfragenhinweis

Mag. Franz Blantz                  Dr. Cornelia Wesenauer
Bereichsleiter Insolvenz        Pressesprecherin
Tel: 05 04 100 – 8000             Tel: 05 04 100 – 1193