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AKV Insolvenzstatistik – 1. Halbjahr 2024

Einleitung

Die österreichische Wirtschaft ist derzeit geprägt von einer weiterhin bestehenden Konsum- und Investitionszurückhaltung, einer anhaltenden Industrierezession, einem leichten Rückgang des BIP im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr und einer steigenden Arbeitslosigkeit. Trotz einer nun endlich sinkenden Inflation und einer von der EZB beschlossenen Zinssenkung ist weiterhin ein „Inflationsschock“ feststellbar, welcher gepaart mit einer zunehmenden Angst vor einem Arbeitsplatzverlust dazu führt, dass sich heimische Konsumenten in Kaufzurückhaltung bei Konsumgütern üben.

Die hohen Zinsen haben zudem die Bauwirtschaft in eine Krise geführt. Die KIM-Verordnung und eine fehlende Kreditnachfrage aufgrund der verschärften Kreditvergaberichtlinien haben die Bewilligungen von Neubauten auf einen jahrzehntelangen Tiefststand fallen lassen.

Diese Rahmenbedingungen halten nicht nur Österreichs Wirtschaft in der Stagnation, sondern führten auch zu einem Höchststand an eröffneten Firmeninsolvenzen der letzten 15 Jahre und zu einem Plus von 35,35 % im Vergleich zum Vorjahr.

Die im 4. Quartal 2023 eröffneten ersten SIGNA – Insolvenzen führten zu Passiva mit historischen Höchstwerten, nachdem die Gesamtpassiva im Gesamtjahr 2023 fast EUR 14 Milliarden betragen haben. Im 1. Halbjahr 2024 ist eine Prolongation dieser Entwicklung festzumachen. Auch im 1. Halbjahr 2024 wurden wiederum 5 Insolvenzverfahren mit Passiva von jeweils mehr als einer Milliarde Euro eröffnet, vier davon aus der SIGNA – Gruppe und die in der Steiermark Elektrofahrzeuge produzierende Fisker GmbH.

Anders gestaltet sich die Entwicklung am Privatkonkurssektor. Die 4.600 eröffneten Privatkonkurse bedeuten ein Plus von 1,25 % gegenüber den 4.543 im 1. Halbjahr 2023 eröffneten Verfahren. Man liegt jedoch weit hinter den Zahlen vor der Pandemie, nämlich um – 9,2 % hinter den 5.066 im 1. Halbjahr 2019 eröffneten Verfahren und sogar um – 15,98 % hinter dem Rekordpleitenjahr 2018, in welchem im 1. Halbjahr 5.475 Privatkonkurse eröffnet wurden.

Im Detail haben sich im 1. Halbjahr 2024 die Firmen- und Privatinsolvenzen österreichweit wie folgt entwickelt:

Firmeninsolvenzen

1. Halbjahr 2024  2023
Eröffnete Insolvenzverfahren 2.098 1.550 + 35,35%
Verfahrensabweisungsbeschlüsse 1.311 1.123 + 16,74 %
Firmeninsolvenzen gesamt 3.409 2.673 + 27,53 %

Die eröffneten Firmeninsolvenzen liegen nicht nur um unglaubliche 35,35 % über dem Vorjahreswert, sondern es handelt sich auch um einen Höchstwert der letzten 15 Jahre.

Die Steigerungsraten sind in vielen Bundesländern alarmierend. So haben sich die eröffneten Firmeninsolvenzen in Vorarlberg mehr als verdoppelt, in Oberösterreich beträgt die Steigerungsrate + 60,81 %, im Burgenland + 60,78 % und in Wien + 43,02 %. In sämtlichen Bundesländern liegt ein Anstieg der eröffneten Firmeninsolvenzen vor, wie nachstehende Tabelle und Grafik zeigen:

Eröffnete Firmeninsolvenzen

1. Halbjahr 2024 2023 +/-
Wien 758 530 + 43,02 %
Niederösterreich 395 348 + 13,51 %
Oberösterreich 238 148 + 60,81 %
Salzburg 100 94 + 6,38 %
Tirol 109 82 + 32,93 %
Vorarlberg 61 29 + 110,34 %
Burgenland 82 51 + 60,78 %
Steiermark 255 193 + 32,12 %
Kärnten 100 75 + 33,33 %
Gesamt 2.098 1.550 + 35,35 %

Weiterhin besorgniserregend sind auch die 1.311 Abweisungsbeschlüsse, die sich gegenüber dem 1. Halbjahr 2023 um ein Sechstel (+ 16,74 %) erhöht haben. Diese Entwicklung zeigt weiterhin, dass bei zahlreichen, durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen am Leben erhaltenen Unternehmen nicht einmal freies Vermögen von EUR 4.000,- vorhanden ist, um die Kosten für ein formelles Insolvenzverfahren aufbringen zu können.

Antragsstellungen

In den Statistiken der letzten Jahre hat der AKV eine zunehmende Verlagerung der Insolvenzeröffnungen von Eigen- zu Gläubigeranträgen aufgezeigt. Im Jahr 2022 wurde nur circa ein Drittel (34,62 %) der Firmeninsolvenzen über eigenen Antrag der schuldnerischen Unternehmen eröffnet. Auch diesbezüglich lässt sich wie im Jahr 2023 erfreulicherweise nunmehr wieder eine gegenteilige Entwicklung feststellen, nachdem für das 1. Halbjahr 2024 folgende Konstellation gegeben ist:

Eigenanträge 930 44,33 %
Gläubigeranträge 1.168 55,67 %
Gesamt 2.098 100,00 %

Mehrheitlich sind leider weiterhin die Insolvenzeröffnungen nicht auf Initiativen der schuldnerischen Unternehmen, sondern auf Gläubigeranträge zurückzuführen.

Entwicklung in den letzten Monaten

Die Entwicklung in den einzelnen Monaten zeigt die folgende Grafik, wobei wir in diesem Zusammenhang auf unsere zahlreichen interaktiven Grafiken auf unserer Website hinweisen. Auch diese Grafik zeigt, dass wir uns auf dem Weg zu einem „Rekordpleitenjahr“ bewegen.

Die Insolvenzeröffnungen in den letzten beiden Monaten lagen zwar unter dem Jahresdurchschnitt von 350 Eröffnungen pro Monat, dennoch befinden sie sich jedoch weit über dem Niveau der Vorjahre.

Großinsolvenzen im Handel und der Immobilienbranche haben die Passiva bereits 2023 auf historisch noch nie dagewesene Höchstwerte steigen lassen, nachdem 2023 die Gesamtpassiva EUR 13,97 Milliarden betragen haben. Diese Entwicklung hat sich im 1. Halbjahr 2024 fortgesetzt. Die Passiva von circa EUR 11,5 Milliarden im 1. Halbjahr 2024 haben sich gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres verneunfacht, wie nachstehende Aufstellung zeigt:

Gesamtpassiva er eröffneten Unternehmensinsolvenzen

1. Halbjahr 2024: EUR 11,461.296.000,-
1. Halbjahr 2023: EUR 1,260.962.000,-

Dieser explosionsartige Anstieg auf circa EUR 11,5 Milliarden ist darauf zurückzuführen, dass im 1. Halbjahr 2024 5 Großinsolvenzen mit Passiva von jeweils mehr als einer Milliarde Euro eröffnet wurden, wie nachstehende Tabelle zeigt:

Top 10 Firmeninsolvenzen Österreich nach Passiva

 Gericht Name Passiva EUR
7 S 16/24y Einzelunternehmen Rene Benko
6080 INNSBRUCK-IGLS
2,425.810.000,-
7 S 19/24i Familie Benko Privatstiftung
6020 INNSBRUCK Maria-Theresien-Straße 31
2,279.914.000,-
27 S 74/24w Fisker GmbH
8041 GRAZ Liebenauer Hauptstraße 2-6
1,540.296.000,-
9 S 240/24v SIGNA Prime Holding GmbH
1010 WIEN Freyung 3
1,275.000.000,-
9 S 226/24k SIGNA Retail GmbH
1010 WIEN Freyung 3
1,000.000.000,-
38 S 29/24b Mariahilfer Straße 10-18 Immobilien GmbH
1010 WIEN Freyung 3
270.000.000,-
5 S 110/24x BBB Immo GmbH
1010 WIEN Stephansplatz 3
116.381.000,-
14 S 18/24y Brucha Gesellschaft m.b.H.
3451 MICHELHAUSEN Rusterstraße 33
75.482.000,-
3 S 30/24t PEPCO Austria GmbH
1100 WIEN Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 2-4
72.100.000,-
5 S 92/24z Liegenschaftspaket SABA GmbH
1010 WIEN Singerstraße 6/5
70.000.000,-

Zu den einzelnen, im heurigen Jahr eröffneten SIGNA/Benko-Verfahren verweisen wir auf die Ausführungen im Punkt „SIGNA Insolvenzen“.

Unter den Insolvenzen mit Verbindlichkeiten von jeweils mehr als einer Milliarde Euro befindet sich auch die in Graz protokollierte Fisker GmbH. Zur Fisker GmbH ist auszuführen, dass von den angemeldeten Forderungen nicht unwesentliche Ansprüche bestritten bleiben und anderseits mit nachträglichen Forderungsanmeldungen zu rechnen ist, so dass die Höhe der anzuerkennenden Passiva noch nicht abgeschätzt werden kann. Das Insolvenzverfahren ist jedoch weiterhin als Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung anhängig und den Gläubigern wird im Rahmen eines Sanierungsplans eine 30%ige Quote angeboten.

Die Anzahl der gefährdeten Arbeitsplätze ist mit 9.441 Dienstnehmern trotz des Anstiegs an Insolvenzen gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben. Dies ist vorwiegend darauf zurückzuführen, dass im Vorjahr mit der Leiner & kika Möbelhandels GmbH mit ca. 3.300 Dienstnehmern die fünftgrößte Insolvenz nach betroffenen Dienstnehmern seit 1980 zu verzeichnen war (siehe auch unsere Aufstellung der größten Insolvenzen seit 1980 in unserer Insolvenzstatistik Gesamtjahr 2023).

Die Entwicklung der gefährdeten Arbeitsplätze zeigt folgende Kennzahlen auf:

Gefährdete Arbeitsplätze

1. Halbjahr 2024: 9.441
1. Halbjahr 2023: 9.497

Top 5 Insolvenzen Österreich nach Dienstnehmer

 Gericht Name DN
3 S 30/24t PEPCO Austria GmbH
1100 WIEN Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 2-4
600
14 S 18/24y Brucha Gesellschaft m.b.H.
3451 MICHELHAUSEN Rusterstraße 33
504
13 S 27/24m König GmbH & Co KG
6830 RANKWEIL Carl-König-Platz 1
361
71 S 2/24b Windhager Zentralheizung Technik GmbH
5201 SEEKIRCHEN Anton-Windhager-Straße 20
299
14 S 1/24y MGG Herzogenburg GmbH
3130 HERZOGENBURG Gießereistraße 1
200
     

Mit Ausnahme der König GmbH & Co KG wurden die übrigen Großinsolvenzen schon im 1. Quartal 2024 eröffnet.

Die Branche mit den meisten Insolvenzen im 1. Halbjahr 2024 war der Handel (529), gefolgt vom Bau (493) und der Gastronomie (356).

Wöchentlich wurden heuer über das Vermögen von 81 Unternehmen in Österreich Insolvenzverfahren eröffnet.

SIGNA Insolvenzen

Auch im heurigen Jahr führten die Insolvenzen rund um den SIGNA-Konzern zu historisch einzigartigen Werten. Es handelt sich dabei vor allem um nachstehende Unternehmen:

  anerkannt angemeldet lt. Schuldner
Einzelunternehmung Rene Benko 47.379.000,- 2,425.810.000,- keine Angaben
Familie Benko Privatstiftung 49.489.000,- 2,279.913.000,- 854.190.000,-
SIGNA Prime Holding GmbH offen 1,317.380.000,- 1,275.000.000,-
SIGNA Retail GmbH 674.000,- 132.000.000,- 1,130.000.000,-

Zu den Verfahren von Rene Benko und der Familie Benko Privatstiftung ist auszuführen, dass nur ein Bruchteil der angemeldeten Forderungen bisher anerkannt wurde. Nach unserer Einschätzung wird es Jahre dauern, bis die quotenrelevanten Verbindlichkeiten feststehen, so dass wir in der Statistik vorerst von den angemeldeten Forderungen ausgegangen sind.

Bei der SIGNA Prime Holding GmbH haben wir die von der Schuldnerin angegebenen Zahlen in Ansatz gebracht und bei der SIGNA Retail GmbH jene Summe, welche derzeit vom Insolvenzverwalter als relevant erachtet wird.

Aufhebungen Firmeninsolvenzen und Quotenaussichten

Mit unserer Presseaussendung vom 27.03.2024 haben wir Ihnen die Aufhebungsformen von Firmeninsolvenzen sowie die Durchschnittsquoten der Sanierungspläne und der Verteilungen bekannt gegeben. Bereits einleitend können wir festhalten, dass es sich um international unerreichte Werte handelt, sowohl im Bereich der Sanierungen als auch der Quoten.

Im Detail zeigt sich nachstehendes Bild:

Beendigungsformen

Gesamtjahr 2023 1. Halbjahr 2024
Sanierungsplan 843 29,71 % 454 28,79 %
Zahlungsplan 210 7,40 % 103 6,53 %
Verteilung 875 30,84 % 526 33,35 %
Nullquote 774 27,28 % 433 27,46 %
Abschöpfung 28 0,99 % 14 0,89 %
Sonstiges 107 3,78 % 47 2,98 %
Gesamt 2.837 100,00 % 1.577 100,00 %

Im 1. Halbjahr 2024 wurden 1.577 Firmeninsolvenzverfahren beendet bzw. abgeschlossen. In 454 Verfahren (28,79 %) wurde mit den Gläubigern ein Sanierungsplan abgeschlossen.

Bei 103 Einzelunternehmen (6,53 %) wurde nach Schließung des Unternehmens mit den Gläubigern ein Zahlungsplan vereinbart.

Somit kam es in mehr als einem Drittel (35,32 %) der Verfahren zur Annahme von Entschuldungsvorschlägen (Sanierungs- oder Zahlungsplan).

 

Bei 526 (33,35 %) der im 1. Halbjahr 2024 aufgehobenen Verfahren kam es zur Ausschüttung einer Verteilungsquote, während 433 (27,46 %) Verfahren mit einem Totalausfall für die Gläubiger endeten.

Quotenhöhe

Gesamtjahr 2023 Mittelwert Medianwert
Sanierungsplan 42,10 % 25,00 %
Verteilung 15,04 % 6,57 %
1. Halbjahr 2024 Mittelwert Medianwert
Sanierungsplan 41,33 % 25,00 %
Verteilung 13,65 % 5,62 %

Ausblick Firmeninsolvenzen

WIFO und IHS revidierten ihre BIP-Prognosen und erwarten für 2024 nur mehr ein Wachstum von + 0,2 %. Diese negative Entwicklung wird sich auch in der Insolvenzstatistik widerspiegeln. Obgleich die Eröffnungen in den Monaten Mai und Juni 2024 unter den Werten der ersten 4 Monate lagen, rechnen wir dennoch damit, dass uns das Jahr 2024 einen Höchstwert an Firmeninsolvenzverfahren bescheren wird.

Die eröffneten Firmeninsolvenzen werden im heurigen Jahr 2024 die 4.000er Marke überschreiten, einschließlich der Insolvenzabweisungen mangels Masse rechnen wir mit circa 7.000 Gesamtfirmeninsolvenzen.

Privatinsolvenzen

Am Privatkonkurssektor haben sich die Insolvenzen im 1.Halbjahr 2024 wie folgt entwickelt:

1. Halbjahr 2024  2023
Eröffnete Verfahren 4.600 4.543 + 1,25 %
Abgewiesen mangels Kostendeckung 434 438 – 0,91 %
Privatinsolvenzen gesamt 5.034  4.981 + 1,06 %

Österreichweit haben die eröffneten Privatinsolvenzen im 1.Halbjahr 2024 lediglich um 1,25 % von 4.543 auf 4.600 Schuldenregulierungsverfahren zugenommen.

 

Den Zahlen der Rekordjahre 2018 mit 10.058 Eröffnungen und 2019 mit 9.497 Eröffnungen wird man sich bei einer zu erwartenden, konstanten Entwicklung weiterhin nur annähern.

 

In 4 Bundesländern (Burgenland, Oberösterreich, Kärnten und Vorarlberg) haben die eröffneten Privatinsolvenzen sogar wieder abgenommen. Im Burgenland betrug die Abnahme der eröffneten Privatinsolvenzen sogar – 17,44 %.

In den übrigen 5 Bundesländern gab es eine Zunahme, die größte Zuwachsrate gab es in Tirol (+8,21 %), gefolgt von der Steiermark (+4,16 %).

Bezüglich der Steiermark ist zu erwähnen, dass man sich – abweichend zum Bundestrend – bereits im 3. Jahr in Folge am Weg zu einem Rekordpleitenjahr befindet.

Im Detail haben sich die eröffneten Privatinsolvenzen in den Bundesländern wie folgt entwickelt:

Eröffnete Privatinsolvenzen

1. Halbjahr 2024 2023 +/-
Wien  1.522  1.475 + 3,19 %
Niederösterreich  661  647 + 2,16 %
Oberösterreich  672  698 – 3,72 %
Salzburg  200  193 + 3,63 %
Tirol  369  341 + 8,21 %
Vorarlberg  232  238 – 2,52 %
Burgenland  71  86 – 17,44 %
Steiermark  526  505 + 4,16 %
Kärnten  347  360 – 3,61 %
Gesamt 4.600 4.543 + 1,25 %

Die 4.600 eröffneten Verfahren beinhalten 142 Gesamtvollstreckungsverfahren.

Wöchentlich wurden im 1. Halbjahr 2024 in Österreich über das Vermögen von 177 Privatpersonen Insolvenzverfahren eröffnet.

Privatinsolvenz Verschuldung

Die Gesamtverbindlichkeiten der eröffneten Privatkonkurse haben im 1. Halbjahr 2024 EUR 539,96 Mio. (1. Halbjahr 2023: EUR 619,02 Mio.) betragen.

Nachdem sich die Gesamtpassiva trotz des geringen Anstiegs von Insolvenzen verringert haben, hat sich auch die Durchschnittsverschuldung auf EUR 117.300,- reduziert, während sie im Vorjahr EUR 136.200,- betragen hat.

Eklatant ist die unterschiedliche Durchschnittsverschuldung bei Männern (EUR 137.500,-) gegenüber jener bei Frauen (EUR 85.200,-).

Mit zunehmendem Alter steigt auch die Durchschnittsverschuldung, wie die nachstehende Übersicht nach Altersgruppen zeigt:

  Eröffnungen Passiva Durchschnitt

Gesamt

 
Total 4.600 (4.543) 539.962.000,- 117.300,-  
Männer 2.826 (2.757) 388.665.000,- 137.500,-  
Frauen 1.774 (1.786) 151.297.000,- 85.200,-  
bis 24 Jahre  
Total  87 (87) 4.569.000,- 52.500,-  
Männer  46 (42) 3.098.000,- 67.300,-  
Frauen  41 (45) 1.471.000,- 35.800,-  
25 – 39 Jahre  
Total 1.570 (1.573) 126.281.000,- 80.400,-  
Männer  990 (964) 73.317.000,- 74.000,-  
Frauen  580 (609) 52.964.000,- 91.300,-  
40 – 59 Jahre  
Total 2.332 (2.266) 304.062.000,- 130.300,-  
Männer 1.408 (1.359) 225.942.000,- 160.400,-  
Frauen  924 (907) 78.120.000,- 84.500,-  
60+ Jahre  
Total  611 (617) 105.050.000,- 171.900,-  
Männer  382 (392) 86.308.000,- 225.900,-  
Frauen  229 (225) 18.742.000,- 81.800,-  

Von den 4.600 eröffneten Privatinsolvenzen entfallen 2.826 (61,43 %) auf männliche Insolvenzschuldner, während 1.774 Verfahren (38,57 %) Frauen zuzuordnen sind.

Die meisten eröffneten Insolvenzfälle (2.332) wurden in der Alterskategorie der 40 bis 59-jährigen Schuldner verzeichnet.

Aufhebungen Privatinsolvenzen und Erfolgsaussichten

Bereits mit unserer Presseaussendung vom 27.03.2024 haben wir Ihnen die Aufhebungsformen von Privatinsolvenzen und die Durchschnittsquoten der angenommenen Zahlungspläne dargestellt.

  Gesamtjahr 2023 1. Halbjahr 2024
Zahlungsplan 5.645 69,20 % 2.974 67,10%
Abschöpfung 2.389 29,28 % 1.375 31,02%
Sonstiges 124 1,52 % 83 1,87%
Privatinsolvenzen Gesamt 8.158 100,00 % 4.432 100,00%

Anzahl aufgehobene Verfahren

Beendigungsart 2022 2023 1. Halbjahr 2024
Zahlungsplan 5.561 5.645 2.974
Abschöpfung
Tilgungsplan
2.334 2.264 1.319
Abschöpfung
Abschöpfungsplan
61 105 55
Abschöpfung
(alte Rechtlage)
156 20 1
Andere
Aufhebungsgründe
152 124 83
Summe 8.264 8.158 4.432

Beendigungsarten Schuldenregulierungsverfahren 1. HJ 2024

So wurden heuer im 1. Halbjahr 2024 in mehr als zwei Drittel (67,10 %) der Privatkonkurse mit den Gläubigern Zahlungspläne abgeschlossen. Dabei ergaben sich folgende Quotenhöhen:

Quotenhöhe

Gesamtjahr 2023 Mittelwert Medianwert
Zahlungsplan 27,42 % 17,00 %
1. Halbjahr 2024 Mittelwert Medianwert
Zahlungsplan 27,37 % 17,37 %

Die Quotenhöhe ist zum Teil auch auf den Umstand zurückzuführen, dass die Bereitschaft der Gläubiger Forderungen in Schuldenregulierungsverfahren anzumelden sukzessive abnimmt. So meldet nur mehr jeder vierte Gläubiger Forderungen in Privatkonkursen an. Dadurch kann der Zahlungsplan im Regelfall im Zuge einer Anpassung der Quote auf die geringeren, angemeldeten Verbindlichkeiten verbessert werden.

Ausblick Privatinsolvenzen

Zur Schuldensituation in Österreich ist generell auszuführen, dass die eröffneten Privatinsolvenzen nur einen kleinen Teil der Verschuldungen abbilden. Ein Verfahren wird zumeist erst nach Jahren nach dem eigentlichen Eintritt der Zahlungsunfähigkeit angestrebt und die Anzahl der Antragstellungen hängt von den Kapazitäten der Beratungsstellen und der Gerichte ab.

Weiterhin werden im Bereich der Privatinsolvenzen die Teuerungswelle sowie steigende Zins- und Kreditkosten zu einer Verschiebung der Insolvenzursachen führen.

Seit Einführung der Privatinsolvenz im Jahr 1995 kam es in den Jahren 2018 (10.058) und 2019 (9.497) zu den meisten Eröffnungen von Privatkonkursverfahren. Wir werden heuer diese Rekordjahre nicht erreichen, aber uns ihnen annähern. Der AKV rechnet damit, dass im Jahr 2024 über das Vermögen von ca. 9.200 Privatpersonen ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet werden wird.

Offenkundige Zahlungsunfähigkeiten

Seit Juli 2021 sollen bereits in Exekutionsverfahren „offenkundige Zahlungsunfähigkeiten“ aufgegriffen und in der Ediktsdatei veröffentlicht werden. Ziel war es aussichtslose Exekutionen zu vermeiden und die Gläubiger bzw. einen Schuldner zu Insolvenzantragstellungen zu bewegen. Wenn der Schuldner binnen Monatsfrist keine Maßnahmen für eine Insolvenzantragsstellung trifft, steht ihm kein 3-jähriger Tilgungsplan, sondern nur ein 5-jähriger Abschöpfungsplan zur Verfügung.

So wurden im Jahr 2022 noch 2.408 Fälle von „offenkundigen Zahlungsunfähigkeiten“ in der Ediktsdatei veröffentlicht. Im Jahr 2023 waren es nur mehr 1.184 Beschlüsse und im 1. Halbjahr 2024 sogar nur mehr 251 Beschlüsse, wobei eine Vielzahl der Veröffentlichungen unter verschiedenen Geschäftszahlen dieselbe verpflichtete Partei betrifft. Aus diesem Datenmaterial kann abgeleitet werden, dass sich die Anzahl der Veröffentlichungen von „offenkundigen Zahlungsunfähigkeiten“ Jahr für Jahr halbiert.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass es auf Grund der Untätigkeit von Schuldnern und Gläubigern tatsächlich zu einem „Stillstand“ gekommen ist. So sind Eintragungen der „offenkundigen Zahlungsunfähigkeiten“ aus der Ediktsdatei zu löschen, wenn seit der Veröffentlichung 2 Jahre vergangen sind. Somit ist es ab 01.07.2023 zu den ersten Löschungen gekommen. Der AKV hat die ersten 1.000 Fälle der im Jahr 2024 erfolgten Löschungen von „offenkundigen Zahlungsunfähigkeiten“ untersucht und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:

Beendigungsart

Zeitablauf (ohne Insolvenzanträge) 70,90 %
Gläubigerantrag führte zu Insolvenzverfahren 13,10 %
Eigenantrag führte zu Insolvenzverfahren 11,10 %
Insolvenzeröffnungsverfahren abgewiesen mangels Vermögens 4,90 %

Auch diese Untersuchung zeigt, dass weder Schuldner noch Gläubiger nach einer Veröffentlichung der „offenkundigen Zahlungsunfähigkeit“ Initiativen ergreifen und einen Insolvenzantrag stellen. In 70,90 % der Fälle wurde die „offenkundige Zahlungsunfähigkeit“ gelöscht, ohne dass es zu einem Insolvenzantrag gekommen ist, der Schuldner jedoch in den Genuss von Exekutionsbeschränkungen nach § 49a EO gekommen ist.

Lediglich in 11,10 % der zwischenzeitig gelöschten Fälle hat der Schuldner einen Insolvenzantrag gestellt. Die Eröffnung erfolgte in diesen Fällen durchschnittlich erst nach mehr als 9 Monaten nach der Veröffentlichung der „offenkundigen Zahlungsunfähigkeit“ und soweit diese Verfahren bereits aufgehoben sind, endeten diese wie folgt:

Beendigung: Schuldneranträge nach „offenkundigen Zahlungsunfähigkeiten“

In 18,00 % der Fälle haben Gläubiger Insolvenzanträge gestellt, welche in 13,10 % der Fälle zu einer Insolvenzeröffnung führten. In 4,90 % der Fälle kam es zu einer Insolvenzabweisung mangels Masse, obgleich nach dem neu geschaffenen § 183 a IO zumindest im Bereich der Schuldenregulierungsverfahren eine solche Abweisung als unzulässig anzusehen ist.

Auch hier erfolgte die Eröffnung durchschnittlich erst nach mehr als 10 Monaten nach der Veröffentlichung der „offenkundigen Zahlungsunfähigkeit“ und soweit diese Verfahren bereits aufgehoben sind, endeten diese wie folgt:

Beendigung: Gläubigeranträge nach „offenkundigen Zahlungsunfähigkeiten“

Nach Auffassung des AKV macht ein Aufgreifen der „offenkundigen Zahlungsunfähigkeit“ in laufenden Exekutionsverfahren nur Sinn, wenn es zu einer amtswegigen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kommen würde.

Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten.

Rückfragenhinweis

Mag. Franz Blantz                  Dr. Cornelia Wesenauer
Bereichsleiter Insolvenz        Pressesprecherin
Tel: 05 04 100 – 8000             Tel: 05 04 100 – 1193