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Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (RIRUG)

Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unternehmen

Restrukturierungsordnung – ReO

Nach der Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 sind die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der darin enthaltenen Restrukturierungs- und Insolvenzvorhaben bis zum 17.07.2021 verpflichtet.

Die Richtlinie setzt sich mit dem Titel II zum Ziel, Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, zu retten und deren Bestandfähigkeit wiederherzustellen. Der vorgegebene Restrukturierungsrahmen wird durch das Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (RIRUG) umgesetzt. Dieses sieht in Artikel 1 die Einführung eines neuen Gesetzes, nämlich des Bundesgesetzes  über die Restrukturierung von Unternehmen (Restrukturierungsordnung – ReO) vor.

Die Richtlinie der EU enthält im Titel III Regelungen über die Entschuldung, wonach insbesondere die Frist, nach deren Ablauf insolvente Unternehmen in vollem Umfang entschuldet werden können, höchstens drei Jahre betragen darf. Um dieses Vorhaben umzusetzen, sieht das RIRUG in Artikel 2 mehrere Änderungen in der geltenden Insolvenzordnung (IO) vor (siehe dazu unseren Artikel).

Der AKV hat über Einladung des Justizministeriums bereits eine Stellungnahme zu diesem Gesetzesentwurf abgegeben (LINK) und möchte kurz die Eckpunkte der beabsichtigten Restrukturierungsordnung (ReO) darstellen:

Mit der ReO wird ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren in die österreichische Rechtsordnung implementiert. Es setzt neben einer Bestandfähigkeit eines Unternehmens eine wahrscheinliche Insolvenz voraus. Eine solche liegt nach § 6 Abs. 2 vor, wenn der Bestand des Unternehmens ohne Restrukturierung gefährdet wäre, dies ist insbesondere gegeben, wenn die Zahlungsunfähigkeit droht oder die Warnkennzahlen des URG (Eigenmittelquote weniger als 8 % und fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre) vorliegen.

Dieses Verfahren steht daher zahlungsunfähigen Unternehmen nicht zur Verfügung, sodass bei Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit nicht ein Restrukturierungsverfahren, sondern ein Insolvenzverfahren mit den dort vorgesehenen Sanierungselementen einzuleiten ist.

Ein gewisser Personenkreis (z.B. Kreditinstitute, öffentliche Stellen oder natürliche Personen, die keine Unternehmer sind) und einzelne Forderungen (Dienstnehmerforderungen, Geldstrafen) sind vom Anwendungsbereich der ReO ausgenommen.

Eigenantrag – Restrukturierungskonzept – Restrukturierungsplan

Das Verfahren ist lediglich auf Antrag des Schuldners beim Gerichtshof erster Instanz (Landesgericht bzw. Handelsgericht Wien) zu eröffnen, in dessen Sprengel der Schuldner sein Unternehmen betreibt.

Dem Antrag ist unter anderem ein Restrukturierungskonzept oder ein Restrukturierungsplan, eine Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für die folgenden 90 Tage und die Jahresabschlüsse der letzten 3 Jahre anzuschließen.

Ein Restrukturierungskonzept (§ 8) hat dabei zumindest die in Aussicht genommen Restrukturierungsmaßnahmen und eine Auflistung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten sowie eine Bewertung der Vermögenswerte zu enthalten.

Viel detaillierter ist der vom Gesetz geforderte Restrukturierungsplan (§ 27). In diesen sind insbesondere die wirtschaftliche Situation des schuldnerischen Unternehmens, die Ursachen und der Umfang der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die Aktiva samt Bewertung und die Passiva, vor allem aber auch die betroffenen Gläubiger und ihre unter den Restrukturierungsplan fallenden Forderungen anzuführen. Zudem sind die Bedingungen des Restrukturierungsplans, insbesondere die Restrukturierungsmaßnahmen und deren Laufzeit, eine Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben für diese Laufzeit sowie neue Finanzierungen darzulegen. Gefordert wird auch die Vorlage einer bedingten Fortbestehensprognose und eines Vergleichs mit den Szenarien der Insolvenzordnung.

Eigenverwaltung – Beschränkungen

Grundsätzlich behält der Schuldner die Eigenverwaltung und somit die Kontrolle über seine Vermögenswerte und den täglichen Betrieb seines Unternehmens.

Hat der Schuldner aber mit dem Eröffnungsantrag nur ein Restrukturierungskonzept, aber noch keinen Restrukturierungsplan vorgelegt, so hat das Gericht einen Restrukturierungsbeauftragten zur Unterstützung des Schuldners bei der Ausarbeitung des Restrukturierungsplans zu bestellen.

Ein Restrukturierungsbeauftragter ist auch zu bestellen, wenn zu erwarten ist, dass die Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, zudem im Falle einer Vollstreckungssperre oder eines klassenübergreifenden Cram-downs (siehe dazu unten).

Auch können einzelne Rechtshandlungen untersagt oder von der Zustimmung eines Restrukturierungsbeauftragten oder des Gerichts abhängig gemacht werden.

Vollstreckungssperre

Einleitend ist festzuhalten, dass die ReO weder eine Prozesssperre noch eine Stundung von Forderungen vorsieht. Eigene Bestimmungen (§§ 19 ff) regeln aber eine Vollstreckungssperre, also eine temporäre Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen. Mit einer solchen Sperre soll erreicht werden, dass weder neue Exekutionsverfahren bewilligt noch anhängige Exekutionsverfahren, bei denen es noch nicht zur Begründung eines Pfandrechtes gekommen ist, fortgeführt werden. In bestehende Pfandrechte wird jedoch grundsätzlich nicht eingegriffen.

Die ReO sieht vor, dass auf Antrag des Schuldners Exekutionsverfahren auf das Vermögen des Schuldners ausgesetzt werden können, um die Verhandlungen über einen Restrukturierungsplan zu erleichtern. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Schuldner während der Verhandlungen seinen Betrieb fortsetzen oder zumindest den Wert seines Vermögens erhalten kann. Trotz einer Vollstreckungssperre ist jedoch die Verwertung verpfändeter Finanzwerte oder der Einzug zedierter Forderungen möglich.

Eine derartige Aussetzung von Einzelvollstreckungsmaßnahmen kann maximal für drei Monate erwirkt werden, jedoch ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Verlängerung bis zu sechs Monaten möglich.

Trotz Antrag des Schuldners kann jedoch das Gericht von der Anordnung einer Vollstreckungssperre absehen, zum Beispiel dann, wenn das Gericht eine solche für nicht erforderlich erachtet oder der Schuldner zahlungsunfähig ist. Eine solche Zahlungsunfähigkeit wird vermutet, wenn zur Hereinbringung von Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen Exekutionsverfahren gegen den Schuldner geführt werden.

Eine Vollstreckungssperre erfasst alle Arten von Forderungen, also auch besicherte Forderungen, nicht jedoch ausgenommene Forderungen (z.B. Arbeitnehmerforderungen, Geldstrafen). Das Gericht kann die Sperre auf bestimmte Gläubiger oder Gläubigerklassen beschränken, jedoch gilt eine „beschränkte“ Sperre nur für Gläubiger, die über die Vollstreckungssperre in Kenntnis gesetzt wurden.

Eine allgemeine Vollstreckungssperre ist nur ausnahmsweise möglich und setzt voraus, dass das Verfahren in der Ediktsdatei öffentlich bekanntgemacht wurde (dazu noch unten).

Insolvenzsperre

Die Vollstreckungssperre bewirkt nach § 24 eine partielle Insolvenzsperre. Für die Dauer der Sperre entfällt einerseits die Verpflichtung des Schuldners, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Überschuldung zu stellen und zudem ist auch über einen auf Überschuldung gestützten Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht zu entscheiden.

Ist der Insolvenzantrag eines Gläubigers jedoch auf eine vorliegende Zahlungsunfähigkeit gestützt, ist ein Insolvenzverfahren nur dann nicht zu eröffnen, wenn eine solche Eröffnung unter Berücksichtigung der Umstände des Falles nicht im allgemeinen Interesse der Gläubiger liegt.

Solange die Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung ruht, wird es mangels Pflichtverletzung auch zu keiner Haftung des Geschäftsführers bzw. Vorstandes wegen Insolvenzverschleppung im Innenverhältnis kommen (§ 25 Abs. 3 Z 2 GmbHG, § 84 Abs. 3 Z 6 AktG).

Vertragsauflösungssperre

§ 26 sieht im Wesentlichen vor, dass Gläubiger, für die die Vollstreckungssperre gilt, in Bezug auf vor der Vollstreckungssperre entstandene Forderungen und allein aufgrund der Tatsache, dass die Forderungen vom Schuldner nicht gezahlt wurden, nicht Leistungen aus wesentlichen, noch zu erfüllenden Verträgen verweigern dürfen. Auch dürfen solche Verträge nicht vorzeitig fällig gestellt, gekündigt oder in sonstiger Weise zum Nachteil des Schuldners abgeändert werden. Die Vertragsauflösungssperre bleibt zudem auf unternehmensrelevante Verträge beschränkt.

Die ReO erleichtert aber keine Vertragsauflösung, so sind weiterhin die Bestimmungen des Vertragsrechts anzuwenden.

Restrukturierungsplan – Abstimmung – Bestätigung

Der Restrukturierungsplan enthält im Wesentlichen die vorgesehenen Restrukturierungsmaßnahmen und nennt die betroffenen Gläubiger und deren unter den Restrukturierungsplan fallenden Forderungen. Es sind Gläubigerklassen zu bilden, die in § 29 aufgezählt sind. Die Bildung von Gläubigerklassen entfällt bei KMUs.

Über einen Restrukturierungsplan ist abzustimmen und ein solcher gilt als angenommen, wenn in jeder Klasse die Mehrheit der anwesenden betroffenen Gläubiger dem Plan zustimmt (Kopfmehrheit) und wenn die Summe der Forderungen der zustimmenden Gläubiger in jeder Klasse zumindest 75 % der Gesamtsumme der anwesenden betroffenen Gläubiger (Summenmehrheit) erreicht.

In weiterer Folge ist der Restrukturierungsplan auch gerichtlich zu bestätigen. Hier sind nicht nur formale Voraussetzungen zu prüfen, sondern die Bestätigung ist auch zu versagen, wenn es offensichtlich ist, dass der Restrukturierungsplan die Insolvenz des Schuldners nicht verhindert und die Bestandfähigkeit des Unternehmens nicht gewährleistet ist.

Wenn der Restrukturierungsplan nicht in jeder Abstimmungsklasse von den betroffenen Gläubigern angenommen wurde, so kann unter gewissen Voraussetzungen auf Antrag des Schuldners ein solcher dennoch vom Gericht bestätigt werden, sodass ein klassenübergreifender Cram-down gemäß § 36 möglich ist.

Über Antrag eines ablehnenden Gläubigers ist auch das Kriterium des Gläubigerinteresses nach § 35 zu prüfen. Diese Bestimmung besagt, dass ein betroffener Gläubiger nicht schlechter gestellt werden darf als im Insolvenzverfahren nach der IO. Dieses Kriterium ist dann erfüllt, wenn kein ablehnender Gläubiger durch den Restrukturierungsplan schlechter gestellt wird als im Fall des nächstbesten Alternativszenarios für den Fall, dass der Restrukturierungsplan nicht bestätigt wird.

Der Restrukturierungsplan ist nur für alle im Plan als betroffenen genannten Gläubiger und hinsichtlich der angeführten Forderung bzw. Forderungshöhe verbindlich.

Einem Rekurs gegen die Bestätigung kommt grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zu.

Die gewährten Zwischen- und Neufinanzierungen sind im Falle einer dennoch nachfolgenden Insolvenz nur eingeschränkt anfechtbar.

Öffentliches Verfahren? – Europäisches Restrukturierungsverfahren

Die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens ist nur auf Antrag des Schuldners öffentlich bekanntzumachen. Andererseits fällt aber ein Verfahren nur dann in den Anwendungsbereich der EuInsVO und ist nach dieser Verordnung anzuerkennen, wenn es ein öffentliches Verfahren ist. Will das schuldnerische Unternehmen daher erreichen, dass das Verfahren in der Europäischen Union (mit Ausnahme von Dänemark) anerkannt wird, so hat es ein öffentliches Verfahren bzw. ein Europäisches Restrukturierungsverfahren gemäß § 44 zu beantragen.

Auch nur im Falle eines öffentlichen Verfahrens kann eine allgemeine Vollstreckungssperre angeordnet werden.

Im Falle eines veröffentlichten Verfahrens ist auch eine Forderungsanmeldung für die Gläubiger vorgesehen.

Vereinfachtes Restrukturierungsverfahren

Ein vereinfachtes Restrukturierungsverfahren ist für jene Fälle vorgesehen, in denen ein außergerichtlicher Abschluss einer Restrukturierungsvereinbarung zwischen dem Schuldner und den Finanzgläubigern an der Zustimmung eines oder einer Minderheit an Gläubigern („Akkordstörer“) scheiterte. Die fehlenden Zustimmungen können durch die Bestätigung des Gerichtes ersetzt werden.

Ein vereinfachtes Restrukturierungsverfahren ist jedoch nur möglich, wenn ausschließlich Finanzgläubiger betroffen sind und mindestens 75 % von ihnen dem Restrukturierungsplan zugestimmt haben. Vor der Bestätigung hat das Gericht die betroffenen Gläubiger einzuvernehmen. Zudem sind einzelne Bestätigungen eines Sachverständigen vorzulegen.

Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten.  

Rückfragenhinweis

AKV EUROPA
Alpenländischer Kreditorenverband

Mag. Franz Blantz
Leiter Insolvenzbereich
Tel: 05 04 100 – 8000

Dr. Cornelia Wesenauer
Pressesprecherin
Insolvenzabteilung Wien/NÖ/Bgld
Tel: 05 04 100 – 1193

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