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Gesamtreform des Exekutionsrechts (GREx)
Der Gesetzgeber hat eine Gesamtreform des Exekutionsrechts (GREx) beschlossen.
Das betreffende Bundesgesetz wurde am 14.05.2021 im Bundesgesetzblatt kundgemacht.
Es wird mit 01.07.2021 in Kraft treten.
Dieses Gesetz enthält auch zahlreiche insolvenzrechtliche Änderungen.
So wird in der Insolvenzordnung ein neues Insolvenzverfahren geschaffen.
Das neue Insolvenzverfahren heißt „Gesamtvollstreckungsverfahren“.
Es ist ein Unterfall eines Schuldenregulierungsverfahrens (Privatkonkurses), das über Gläubigerantrag eröffnet wird.
Mit einem solchen „Gesamtvollstreckungsverfahren“ sollen aussichtlose Exekutionsverfahren vermieden werden, welche für den Schuldner mit weiteren Kosten und Zinsen verbunden wären.
Im Zuge der Gesamtvollstreckung soll es zu einer gleichmäßigen Verteilung der Erlöse bzw. des pfändbaren Einkommens unter den Gläubigern kommen.
Zudem soll eine offenkundige Zahlungsunfähigkeit schon im Exekutionsverfahren aufgegriffen und veröffentlicht werden.
Die Gläubiger werden zur Eintreibung ihrer Forderungen auf ein Insolvenzverfahren verwiesen, sodass es ab 01.07.2021 zu vermehrten Insolvenzantragstellungen durch Gläubiger kommen wird.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass durch diese Novelle über Gläubigeranträge ca. 1.000 zusätzliche Insolvenzverfahren eröffnet werden.
Der AKV befürchtet, dass durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen unberatener Personen es vermehrt zu einem Unterlassen der Mitwirkung in Privatinsolvenzverfahren kommen wird.
Bislang wurden Privatkonkurse annähernd zur Gänze über Eigeninitiative des Schuldners eröffnet, welche von Schuldnerberatungsstellen vertreten sind.
Durch die Novelle wird es zu verstärkten Insolvenzeröffnungen über das Vermögen unberatener Schuldner bzw. von Verbrauchern kommen.
Durch den Abbruch der Exekution rechnet das Justizministerium mit dem Wegfall von 37.500 Exekutionsanträgen gegen circa 5.000 Verpflichtete.
Der Alpenländische Kreditorenverband gibt bekannt:
Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) hat bereits in zahlreichen vergangenen Presseaussendungen auf einen extremen Rückstau an Firmeninsolvenzen hingewiesen, sodass es nach Wegfall der staatlichen Stützungsmaßnahmen wiederum zu einem längerfristigen Anstieg der Insolvenzen kommen wird.
Aufgrund der Zunahme der verschuldeten Haushalte infolge des Verlusts tausender Arbeitsplätze wird die COVID 19-Pandemie auch im Bereich der Privatinsolvenzen zu steigenden Zahlen führen.
Prognosen sind derzeit schwer zu treffen, da Mitte des Jahres 2021 zwei beabsichtigte Reformen im Bereich des Insolvenz- und Exekutionsrechts in Kraft treten werden bzw. sollen, die sich auf den Anfall von Insolvenzen massiv auswirken werden.
Bei diesen beiden Novellen handelt es sich um
- die Gesamtreform des Exekutionsrechts (GREx) und
- das Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (RIRL-UG).
Die beabsichtigten insolvenzrechtlichen Änderungen hat der AKV auf seiner Homepage unter https://www.akv.at/aktuelles/rechtliches in vier Beiträgen umfangreich dargestellt.
Während das RIRL-UG im Parlament erst behandelt werden wird, ist die GREx bereits vom Gesetzgeber beschlossen worden und ist seit 14.05.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Gesetz wird mit 01.07.2021 in Kraft treten.
Dies nimmt der AKV zum Anlass, die wesentlichen, durch die GREx bewirkten Änderungen im Bereich des Insolvenzrechtes aufzuzeigen:
Kernstück dieser Reform ist es, die Effizienz von Exekutionsverfahren zu steigern. Diese Zielsetzung führt auch zu einer Vorverlagerung des Insolvenzrechts. So soll nach einem neuen § 49a der Exekutionsordnung (EO) eine „offenkundige Zahlungsunfähigkeit“ bereits im Zuge anhängiger Exekutionsverfahren festgestellt und in der Ediktsdatei veröffentlicht werden. Erfolglose Exekutionsversuche können daher zur Feststellung der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit führen. Die Exekutionsverfahren werden abgebrochen, weil Forderungen bei Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit im Rahmen eines Insolvenzverfahrens hereingebracht werden sollen. Ziel des Gesetzgebers ist es, aussichtslose Exekutionsverfahren zu vermeiden; vielmehr soll es im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu einer gleichmäßigen Verteilung der Erlöse bzw. des pfändbaren Einkommens kommen. Für den Schuldner hat ein solches Insolvenzverfahren den Vorteil eines Zinsen- und Kostenstopps.
Da die Exekutionsverfahren ruhen, rechnet der Gesetzgeber damit, dass die Insolvenzanträge von Gläubigern extrem zunehmen werden. Um dem gerecht zu werden, wird im neuen § 184a der Insolvenzordnung (IO) ein neues Insolvenzverfahren geschaffen, das als „Gesamtvollstreckung“ bezeichnet wird.
// Das neue Insolvenzverfahren „Gesamtvollstreckung“
Das neue Insolvenzverfahren „Gesamtvollstreckung“ ist ein Unterfall des Schuldenregulierungsverfahrens (Privatkonkurses), nämlich ein solches, das über Antrag eines Gläubigers eröffnet wird. Es liegen daher noch keine Entschuldungsanträge (Sanierungsplan, Zahlungsplan, Abschöpfungsverfahren) des Schuldners vor.
Für dieses Verfahren wurden zahlreiche ergänzende Bestimmungen in der IO geschaffen.
1. ERLEICHTERUNGEN, UM ZU EINER INSOLVENZERÖFFNUNG ZU KOMMEN:
Wenn es nach öffentlicher Bekanntmachung der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit an einem zur Deckung der Kosten des Schuldenregulierungsverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens fehlt, sieht nun § 183a IO vor, dass der Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Verfahrens aus diesem Grund nicht abzuweisen ist.
Da dem Schuldner in einem Schuldenregulierungsverfahren grundsätzlich die Eigenverwaltung zu belassen ist (§186 IO) und somit keine Kosten eines Insolvenzverwalters anfallen, sollen zukünftig Gesamtvollstreckungsverfahren ohne großen Kostenaufwand eröffnet werden können.
2. BEZEICHNUNG ALS GESAMTVOLLSTRECKUNG UND BEENDIGUNG:
Das auf Antrag eines Gläubigers eröffnete Schuldenregulierungsverfahren ist im Insolvenzedikt auch als Gesamtvollstreckung zu bezeichnen. Die Gesamtvollstreckung ist zu beenden, sobald der Schuldner die Annahme eines Sanierungsplans oder Zahlungsplans oder die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens beantragt (§ 184a Abs. 1 IO). Das Verfahren läuft dann als Schuldenregulierungsverfahren weiter.
3. VERTEILUNGEN:
Da mitunter bei einer Gesamtvollstreckung nur geringe Beträge hereingebracht werden können, sollen Verteilungen an die Gläubiger erst durchgeführt werden, sobald eine Quote von 10% verteilt werden kann, jedenfalls aber nach 3 Jahren (§ 192a IO).
4. AUFHEBUNG WEGEN DAUERHAFT FEHLENDEN PFÄNDBAREN BEZUGS:
Verfügt ein Schuldner über kein Vermögen mehr, aber auch über kein pfändbares Einkommen, so kann es auch zu keinen Verteilungen kommen. Ein solches Verfahren ist nach derzeitiger Rechtslage aufzuheben. Der neue § 192b IO sieht aber nun vor, dass das Schuldenregulierungsverfahren erst aufzuheben ist, wenn der Schuldner seit mehr als 5 Jahren keinen den unpfändbaren Freibetrag übersteigenden Bezug hatte und ein solcher nicht zu erwarten ist. Damit sollen eben aussichtslose Exekutionsanträge vermieden werden, mit denen bei Aufhebung eines Insolvenzverfahrens zu rechnen wäre.
5. ÜBERPRÜFUNG DER VERMÖGENSLAGE:
Da eine Gesamtvollstreckung im Schuldenregulierungsverfahren längere Zeit dauern kann, ordnet der neue § 189a IO regelmäßige Überprüfungen der Vermögenslage des Schuldners an. So hat das Gericht alle 6 Monate einen Auszug beim Dachverband der Sozialversicherungsträger einzuholen. Zudem haben das Gericht jährlich und das Vollstreckungsorgan alle 2 Jahre zu prüfen, ob der Schuldner neues Vermögen erworben hat. Der Schuldner hat zudem jährlich sein Vermögensverzeichnis zu ergänzen und zu bekräftigen.
6. VERTRAGSAUFLÖSUNGSSPERRE ZUR WOHNVERSORGUNG:
Während einer Gesamtvollstreckung können Verträge über Miet- und sonstige Nutzungsrechte an Wohnungen, die für den Schuldner und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen unentbehrlich sind, nur aus wichtigem Grund aufgelöst werden, solange der Schuldner die während des Verfahrens anfallenden Entgelte zahlt (§ 184a Abs. 2 IO). Das betrifft auch die zur Nutzung einer solchen Wohnung nötigen Verträge, etwa zur Energieversorgung mit Strom oder Gas. Ein Verzug mit Leistungen aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung gilt dabei nicht als wichtiger Auflösungsgrund.
// Folgenabschätzung
Fest steht jedenfalls, dass bei Einführung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens in die IO die Eröffnung von Insolvenzverfahren über Gläubigeranträge massiv zunehmen werden. Seit Einführung der „Privatinsolvenz“ im Jahr 1995 werden Schuldenregulierungsverfahren vorwiegend über Eigeninitiative der Schuldner eröffnet, die im Regelfall von Schuldnerberatungsstellen vor, während und nach dem Insolvenzverfahren professionell betreut und beraten werden. Nach der GREx sollen jedoch nunmehr über Antrag der Gläubiger Insolvenzverfahren über das Vermögen eines schuldnerischen Personenkreises eröffnet werden, der selbst ein solches Verfahren gar nicht anstrebt und zumeist unvertreten sein wird. Zudem soll dem Schuldner die Eigenverwaltung aus Kostengründen belassen werden. Nach Einschätzung des AKV werden daher das Unterlassen der Mitwirkung im Insolvenzverfahren und die Problematik der Durchsetzbarkeit neuer Verbindlichkeiten zunehmen.
Der Gesetzgeber selbst geht davon aus, dass durch diese Reform jährlich 1.000 zusätzliche Insolvenzverfahren über Gläubigeranträge anfallen werden.
Im Bereich der Exekutionsverfahren rechnet das Justizministerium dagegen damit, dass wegen des Abbruchs der Exekution circa 5% aller Exekutionsverfahren wegfallen, das sind 37.500 Exekutionsanträge, die circa 5.000 Verpflichtete betreffend.
Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten.
// Rückfragenhinweis
Mag. Franz Blantz Dr. Cornelia Wesenauer
Bereichsleiter Insolvenz Pressesprecherin
Geschäftsstelle Graz Geschäftsstelle Wien, NÖ, Burgenland
Tel: 05 04 100 – 8180 Tel: 05 04 100 – 1193