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Möglichkeiten für nicht verständigte Gläubiger
Einleitung
Gläubiger haben seit einer Gesetzesnovelle im Juli 2021 keinen Anspruch mehr auf eine Berücksichtigung ihrer Forderungen bei Anmeldungen nach Zahlungsplänen oder in Abschöpfungsverfahren, wenn sie vom Insolvenzverfahren durch das Gericht rechtzeitig verständigt wurden. Die Verständigung kann auch ohne Zustellnachweis erfolgen.
Diese Gesetzesänderung haben wir in unserem Artikel So wichtig ist die rechtzeitige Forderungsanmeldung bereits vorgestellt.
Eine Frage bleibt jedoch unbeantwortet: Was passiert, wenn der Gläubiger nicht verständigt wurde?
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Schuldner den Überblick über ihre Schulden verloren haben und nicht alle Gläubiger angeben oder gar keine Gläubigerliste vorlegen können. Diese Gläubiger können daher vom Gericht nicht von der Insolvenz verständigt werden.
Auch in einem kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Fall ging es um einen Gläubiger (Unternehmer), der nicht von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verständigt wurde. (OGH 19.05.2021, 17 Ob 5/21s = ZIK 2022/72). Unsere Experten haben die für diese Fragestellung wesentlichen Inhalte des Urteils für Sie aufbereitet:
Urteil
Forderungen, die nur aus Verschulden des Schuldners im Sanierungsplan oder Zahlungsplan unberücksichtigt geblieben sind, müssen vom Schuldner nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in voller Höhe beglichen werden.
Bereits ein leichtes Mitverschulden des Gläubigers hat zur Folge, dass der Schuldner die Forderung nicht mehr vollständig begleichen muss, sondern nur in der Höhe der Sanierungsplan- oder Zahlungsplanquote. (Beim Zahlungsplan kommt als weitere Hürde dazu, dass die nachträgliche Bezahlung einer Quote der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entsprechen muss.)
Sämtliche Insolvenzverfahren werden in der Ediktsdatei öffentlich bekannt gemacht. Daher sieht der OGH (zumindest) ein leichtes Mitverschulden eines Gläubigers, wenn dieser sich nicht über die aktuellen Insolvenzen informiert.
In weiterer Folge wird noch die Unterscheidung getroffen, ob der Gläubiger Unternehmer ist oder eine Privatperson (Verbraucher).
- Unternehmern ist es im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht zuzumuten, Einsicht in die Ediktsdatei zu nehmen.
- Privatpersonen sind dazu grundsätzlich nicht verpflichtet, außer wenn weitere Faktoren auf eine Insolvenz des Schuldners bereits hindeuten können.
Bei dieser Beurteilung nennt der OGH insbesondere folgende Faktoren:
- Höhe der Forderung
- Dauer des Bestehens der Forderung
- Dauer des Insolvenzverfahrens
Da auch die Zeit zwischen Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Abschluss des Sanierungs- oder Zahlungsplans für diese Beurteilung relevant ist, kann man aus dieser Entscheidung bei lang dauernden Verfahren ableiten, dass es auch möglich ist, dass Privatpersonen eine Mitschuld treffen kann.
Abschließend hält der OGH fest, dass bei (Mit-)Verschulden des Gläubigers nicht relevant ist, ob den Schuldner auch ein Verschulden trifft.
Im Urteil wurden nur die Szenarien Sanierungsplan und Zahlungsplan behandelt, eine ähnliche Regelung gibt es aber auch im Abschöpfungsverfahren (§ 215 Z 2 IO).
Zusammenfassung
Die vollständige Forderung muss der Schuldner nur begleichen, wenn dem Gläubiger kein Verschulden an der Nichtanmeldung der Forderung nachzuweisen ist.
Bei der Beurteilung eines Gläubigerverschuldens werden folgende Fragen geprüft:
- Ist der Gläubiger Unternehmer oder Privatperson?
- Wie hoch ist die Forderung?
- Wie lange besteht die Forderung bereits?
- Wie lange hatte der Gläubiger Gelegenheit, die Forderung anzumelden?
In der Praxis wird es also kaum möglich sein, ein Verschulden des Gläubigers vollständig auszuschließen.
Hinzu kommen die verschärften Bestimmungen, die Gläubigern eine nachträgliche Geltendmachung bei angenommenen Zahlungsplänen oder in Abschöpfungsverfahren überhaupt nur noch dann erlauben, wenn sie vom Insolvenzgericht nicht verständigt wurden.
Empfehlung
Unsere Experten empfehlen jedenfalls offene Forderungen bei Verfahrenseröffnung anzumelden und sich laufend über aktuelle Insolvenzfälle zu informieren.
Der AKV bietet seinen Mitgliedern die Möglichkeit, durch unsere wöchentlich erscheinenden AKV-Informationen einfach über die aktuellen Insolvenzfälle verständigt zu werden.
Die via E-Mail übermittelten AKV Informationen enthalten alle neuen Insolvenzen, sowie alle Konkursverfahren, Sanierungsverfahren mit oder ohne Eigenverwaltung, Privatkonkurse und gerichtliche Bekanntmachungen von offenkundigen Zahlungsunfähigkeiten.
In der beigelegten „Vertraulichen Liste“ scheinen Schuldner auf, die nach Wissensstand des AKV trotz verstärkter Interventionen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen.
Bei Interesse kontaktieren Sie uns!