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Stellungnahme zum Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts

zu Titel VI über das vereinfachte Liquidationsverfahren für Kleinstunternehmer

Titel IV (Pre-Pack-Verfahren) und Titel VI (Vereinfachtes Liquidationsverfahren für Kleinstunternehmer) des Richtlinienvorschlags greifen von allen Titeln am stärksten in das österreichische Insolvenzrecht ein. Bereits mit unserer Stellungnahme vom 02.06.2023 haben wir mit Auszügen aus unseren Insolvenzstatistiken dargelegt, dass Österreich europaweit über ein einzigartiges Insolvenzrecht verfügt, welches in der Insolvenzpraxis zu extrem hohen Sanierungsanteilen und Quoten führt. Die Rückflussquoten bei Sanierungen und Liquidationen sowie die Sanierungsanteile liegen weit über dem europäischen Durchschnitt.

Vor diesem Hintergrund wollen wir einleitend Allgemeines zu Titel VI ausführen, um in weiterer Folge detailliert auf einzelne Artikel einzugehen.

EINLEITUNG – ALLGEMEINES

Die Annahmen im Richtlinienvorschlag, dass mit den vorgeschlagenen Regelungen Unternehmen auch Zugang zu günstigeren Finanzierungen verschafft wird und Hindernisse für den freien Kapitalverkehr abgebaut werden, bleiben fragwürdig. Mit Sicherheit werden Kleinstunternehmen nicht Zielobjekte von Finanzinvestments sein und die Ausgestaltung eines Insolvenzrechts wird ein untergeordnetes Motiv einer Investmententscheidung bleiben.

Spätestens seit dem IRÄG 2010 führen die Vorzüge des österreichischen Insolvenzrechts zu einer kurzen Verfahrensdauer und zu einer Einbindung der allgemeinen Gläubigerinteressen, zu deren Wahrung die Insolvenzgerichte, die Insolvenzverwalter und die Gläubigerschutzverbände verpflichtet sind. Nachstehende Daten aus der AKV-Insolvenzstatistik für das Jahr 2024 zeigen die hohen Rückflussquoten in Österreich sowie die Beendigungsformen:

Aufhebung nach angenommenem Sanierungsplan angenommenem Zahlungsplan Einleitung des Abschöpfungsverfahrens
Unternehmerinsolvenz 29,09 % 6,78 % 0,88 %
Verbraucherinsolvenz 0,54 % 67,59 % 30,94 %
Aufhebungen Firmeninsolvenzen im Jahr 2024  
Sanierungsplan 923 29,09%
Zahlungsplan 215 6,78%
Verteilung 1059 33,38%
Nullquote 845 26,62%
Abschöpfung 28 0,88%
Sonstiges 103 3,25%
Gesamt 3173 100,00%
Durchschnittsquoten 2024 Mittelwert Medianwert
Sanierungsplan 42,94 % 25,00 %
Verteilung 14,97 % 6,68 %
Durchschnittsquoten 2023 Mittelwert Medianwert
Sanierungsplan 42,10 % 25,00 %
Verteilung 15,04 % 6,57 %

Die Insolvenzverfahren werden in Österreich professionell, rasch und effizient abgewickelt. Es hat sich bewährt, dass in allen Firmeninsolvenzverfahren spezialisierte Insolvenzverwalter bestellt werden, wobei die Anlaufkosten in Österreich EUR 4.000,- betragen. Nicht die Anlaufkosten in dieser Höhe schmälern die Quotenaussichten, sondern verspätete oder von Unternehmen gar nicht gestellte Insolvenzanträge.

Die Annahme, dass Eigenverwaltungen zu höheren Quoten führen sollen, geht an der Insolvenzpraxis vorbei, denn gerade bei insolventen Kleinunternehmen sind in der Praxis erhebliche Defizite im Bereich des Rechnungswesens feststellbar.

Zu einzelnen Artikeln erlauben wir uns nachstehende Äußerungen abzugeben:

VEREINFACHTES LIQUIDATIONSVERFAHREN IM DETAIL

Article 2 Definitions (j) ‚microenterprise‘

Als Kleinstunternehmen werden in Anlehnung an die Empfehlung der Kommission 2003/361/EG Unternehmen angesehen, die weniger als 10 Dienstnehmer beschäftigen und deren Jahresumsatz oder Bilanzsumme weniger als EUR 2 Mio. betragen. In unserer Stellungnahme vom 02.06.2023 haben wir bereits aufgezeigt, dass in Österreich mehr als 90 % der eröffneten (!) Insolvenzverfahren solch definierte Kleinstunternehmen betreffen. Der Blick war auf eröffnete Verfahren gerichtet, so dass abweichend zu den Annahmen der vorgeschlagenen Richtlinie die Anlaufkosten von EUR 4.000,– kein Hindernis für eine Verfahrenseröffnung darstellten.

In den Definitionen (j) wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt niedrigere Schwellenwerte anzusetzen, so dass Unternehmen, die weniger als 4 Personen beschäftigen und deren Jahresumsatz und/oder Jahresbilanzsumme EUR 500.000,– nicht übersteigen, einbezogen werden sollen.

Im Jahr 2024 wurden in Österreich über das Vermögen von 4.156 Unternehmen Insolvenzverfahren eröffnet. Einfachhalber haben wir den Jahresumsatz ausgeklammert und die in einem Insolvenzverfahren angemeldeten Passiva einer Jahresbilanzsumme gleichgestellt. Gliedert man nun diese Insolvenzen auf solche bis zu 4 Dienstnehmern und auf solche mit bis zu Passiva von EUR 500.000,– auf, so zeigt sich folgendes Bild:

Dienstnehmer Firmeninsolvenzen 2024 eröffnet  
0 DN 2.516 60,54 %
1 – 4 DN 815 19,61 %
5 oder mehr DN 825 19,85 %
Summe 4.156 100,00%
Passiva Firmeninsolvenzen 2024 eröffnet  
unter 500.000,– 2.547 61,28 %
über 500.000,– 1.609 38,72 %
Summe 4.156 100,00%
Beide Kriterien

(4 DN und Passiva 500.000,–)

Firmeninsolvenzen 2024 eröffnet  
Beides darunter 2.282 54,91 %
DN höher, Passiva niedriger 265 6,38 %
DN niedriger, Passiva höher 1.049 25,24 %
Beides darüber 560 13,47 %
Summe 4.156 100,00%

Diese Aufstellungen zeigen, dass auch bei diesem niedrigeren Schwellenwert noch immer 54,91 % jener Unternehmen, über deren Vermögen im Jahr 2024 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, als Kleinstunternehmen anzusehen wären. Unseres Erachtens ist der Schwellenwert noch immer viel zu hoch angesetzt.

Bei den 2.282 betroffenen Insolvenzverfahren waren fehlende Mindestkosten kein Hindernis für eine Eröffnung. Warum solche Verfahren nun ohne Einbindung eines Insolvenzverwalters, sondern in Eigenverwaltung abgewickelt werden sollen, bleibt schleierhaft. Unsere Ausführungen zu Artikel 39 dokumentieren, dass in diesen Fällen eher mit Quotenminderungen zu rechnen ist. Die Praxis zeigt zudem, dass ein Großteil der betroffenen insolventen Unternehmen bei Übertragung der Aufgaben einer Insolvenzabwicklung überfordert wäre.

Chapter 1 General Rules

Article 38 Rules on winding-up of microenterprises and Article 42 Decision on the request for the opening of simplified winding-up proceedings

Zu Artikel 38 Z 3 (neu 2) ist auszuführen, dass wir grundsätzlich die Eröffnung eines Verfahrens auch in jenen Fällen begrüßen, in denen keine Vermögenswerte in der Insolvenzmasse vorhanden sind oder wenn der Wert der Vermögenswerte die Verwaltungskosten des Verfahrens nicht deckt.

In einzelnen Fällen wird es dadurch möglich sein, dass doch vorhandenes Vermögen und/oder Anfechtungsansprüche zum Vorschein kommen.

Nachdem es in Österreich im Jahr 2024 2.612 Abweisungsbeschlüsse im Bereich der Firmeninsolvenzen gab, werden in Zusammenschau mit Artikel 39 Z 2 erhebliche Kosten für die Abwicklung und ein erhöhter Personalstand im Justizbereich zu budgetieren sein.

Artikel 42 Z 3 (neu 2) sieht vor, dass kurzfristig dieses vereinfachte Liquidationsverfahren wieder beendet werden kann, wenn sich herausstellt, dass doch kein Vermögen vorhanden ist oder dieses nicht ausreicht, um die Kosten des vereinfachten Liquidationsverfahrens zu decken. Es stellt sich daher die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines kurzen Verfahrens. Vernünftiger scheint es zu sein, dass diese Erhebungen, ob kostendeckendes Vermögen vorhanden ist, vor einem Eröffnungsbeschluss durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang wird auf das österreichische Konkursantragsverfahren (Se-Verfahren) verwiesen, in welchem der Schuldner in einer Tagsatzung einvernommen wird und seine Vermögenswerte bekannt zu geben hat. Der österreichische Weg scheint in diesem Zusammenhang effizienter und kostengünstiger zu sein.

Schon aus der Bezeichnung des Verfahrens leiten wir ab, dass dieses Verfahren ausschließlich auf Verwertung bzw. Liquidation und nicht auf eine Entschuldung bzw. Sanierung ausgerichtet ist. Auch in diesem Zusammenhang wird der Schuldner im österreichischen Konkursantragsverfahren auf die Möglichkeiten zur Stellung eines Antrages auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens hingewiesen. Sollte der Schuldner eine solche Entschuldung anstreben, so könnte aus Gründen der Praktikabilität anstatt eines vorgelagerten vereinfachten Liquidationsverfahrens sofort ein ordentliches Insolvenzverfahren eröffnet werden.

Article 39 Insolvency practitioner

Erfreulich ist, dass den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt wird festzulegen, ob und unter welchen Umständen ein Verwalter in einem vereinfachten Liquidationsverfahren zu bestellen ist. Diesbezüglich ergeht das Ersuchen an des Bundesministerium Justiz bei der Umsetzung der Richtlinie von dieser Möglichkeit großzügig Gebrauch zu machen.

Eine Abwicklung ohne Insolvenzverwalter ist nämlich erfahrungsgemäß nachteilig, da auch die Auffindung von Vermögen eine wesentliche Aufgabe eines Insolvenzverwalters ist. Der AKV hat zudem in seiner AKV-Insolvenzstatistik aufgezeigt, dass Insolvenzeröffnungen mehrheitlich (55,65 %) über Gläubigeranträge erfolgen. Dies zeigt, dass den schuldnerischen Unternehmen selbst die materielle Insolvenz nicht bewusst war bzw. diese ignoriert wurde. In vielen Fällen ist nicht einmal ein geordnetes Rechnungswesen vorhanden und die Eruierung von Anfechtungsansprüchen ist ohne Beiziehung eines Insolvenzverwalters illusorisch.

Diese tatsächlich oft nicht überwachbaren Eigenverwaltungen würden der eigentlichen Zielsetzung der Richtlinie zuwiderlaufen, weil dadurch die Erzielung geringerer oder gar keiner Quoten zu befürchten ist. Der Entlohnungsanspruch des Insolvenzverwalters ist nach § 82 IO im Falle von Verwertungen degressiv ausgestaltet und setzt mit Ausnahme der Mindestentlohnung die Erzielung von Verwertungserlösen voraus. Dieses System ist Eigenverwaltungen vorzuziehen und in diesem Zusammenhang verweisen wir auch auf die in der Einleitung angeführten hohen Verteilungsquoten in Österreich.

Weitere Aspekte haben wir in unseren Ausführungen zu Artikel 48 aufgegriffen.

Chapter 2 – Opening of simplified winding-up proceedings

Article 41 Request for the opening of simplified winding-up proceedings

Die Streichung zahlreicher formeller und prozessualer Bestimmungen in diesem Artikel ist grundsätzlich zu begrüßen. Im Falle eines Gläubigerantrages sollte offengelassen werden, welches Insolvenzverfahren eröffnet wird. Der Gläubiger wird eher generell die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen und nicht speziell ein vereinfachtes Liquidationsverfahren. Die Entscheidung darüber, ob ein ordentliches Verfahren oder ein vereinfachtes Liquidationsverfahren eröffnet wird, sollte ausschließlich dem Insolvenzgericht bzw. der zuständigen Behörde nach Einvernahme des Schuldners obliegen. Auf das österreichische Konkursantragsverfahren (Se-Verfahren) haben wir bereits in unseren Ausführungen zu Artikel 38 hingewiesen.

Aus Sicht des AKV ist die nunmehr gestrichene Ziffer 2 als durchaus sinnvoll zu beurteilen und sollte im Richtlinienvorschlag erhalten bleiben. Eine unmittelbare Verfahrenseröffnung in Folge eines Gläubigerantrages hätte ansonsten zur Folge, dass eine eventuell von der Mehrheit der Gläubiger zu befürwortende und vom Schuldner auch angestrebte Fortführung und Sanierung des Unternehmens unterlaufen werden.

Article 42 Decision on the request for the opening of simplified winding-up proceedings

In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die Ausführungen zu Artikel 38.

Der letzte Satz schließt die Anwendung der Chapter 3 und 4 mit Ausnahme Article 55 paragraphs 2 und 3 aus, wenn das Verfahren mangels Kostendeckung wieder aufgehoben wird. Wenn in einem eröffneten Verfahren jedoch Gläubigerforderungen anerkannt wurden, so sollten diese Anerkenntnisse aus Kostengründen als Exekutionstitel gelten, um weitere zivilrechtliche Verfahren oder Abgabenverfahren zu vermeiden.

Article 44 Stay of individual enforcement actions

Da auch das österreichische Insolvenz- und Exekutionsrecht Aufschiebungen und Aussetzungen von Verwertungen oder Einzelvollstreckungsmaßnahmen bis zur Ausscheidung von Vermögenswerten nach § 119 Abs 5 IO kennt, hat der AKV keine Bedenken gegen die Regelungen im Artikel 44.

Article 45 Publicity of the opening of simplified winding-up proceedings

Durch die Streichung des Artikels 45 ist uns nicht klar, ob damit auch die Bekanntmachung der Eröffnung eines vereinfachten Liquidationsverfahrens hinfällig sein soll.

Unseres Erachtens sollten derartige Verfahren jedenfalls veröffentlicht werden, nachdem auch die beabsichtigten Auktionsplattformen entsprechende Publizität und Öffentlichkeit voraussetzen.

Sollten Gläubiger in einer vom Schuldner vorgelegten Gläubigerliste nicht aufscheinen, so werden sie ihre Forderungsanmeldungen (siehe Artikel 46 Z 3) nur vornehmen können, wenn sie über eine Veröffentlichung des Verfahrens von einer solchen Kenntnis erlangen.

Ziel der Richtlinie (EU) 2019/1023 ist es eine Entschuldung gescheiteter Unternehmer zu garantieren. Dies wird rechtlich nur möglich sein, wenn Gläubigern auch die Möglichkeit einer Verfahrensbeteiligung eingeräumt wird. Aus diesem Grund sollte schon ein vereinfachtes Liquidationsverfahren veröffentlich werden, da diesem Verfahren durchaus ein auf Entschuldung ausgerichtetes Verfahren nachfolgen kann. Sollte ein Gläubiger erst vom Entschuldungsverfahren erfahren, so wäre er durch den Entfall der Liquidationsquote gegenüber den sonstigen Gläubigern benachteiligt.

Chapter 3 List of claims and establishment of the insolvency estate

Article 46 Lodgement and admission of claims

Realitätsfern sind die Ansätze in Artikel 46 bezüglich einer „automatischen“ Forderungsanmeldung. Die Insolvenzpraxis zeigt folgendes Bild:

In Unternehmerinsolvenzen sind die angemeldeten Forderungen der Gläubiger im Regelfall höher als der Schuldner im Insolvenzantrag angenommen hat. In der Praxis werden bei Einführung eines dem Artikel 46 entsprechenden Modus anstatt der nicht mehr vorgesehen Forderungsanmeldungen Forderungsberichtigungen der Gläubiger bei den Insolvenzgerichten einlangen, welche einen Überblick erschweren werden. Durch den Entfall von Forderungsanmeldungen müssten keine Unterlagen zum Nachweis der Forderungen vorgelegt werden, soweit der Schuldner die Forderung anführt. Dies macht eine Forderungsprüfung für andere beteiligte Gläubiger faktisch unmöglich.

Anders verhält es sich bei Verbraucherinsolvenzen, welche (nach österreichischem Recht) auch vormaligen gescheiterten Unternehmern offenstehen, die zum Zeitpunkt der Antragsstellung kein Unternehmen (mehr) betreiben. Die Bestimmungen der Verbraucherinsolvenz (Zahlungsplan, Abschöpfungsverfahren etc.) gelangen auch bei der Abwicklung in Insolvenzen von Einzelunternehmern nach der Schließung und Verwertung des Unternehmens im landesgerichtlichen Verfahren zur Anwendung.

Den Schuldnern sollen gemäß Richtlinie (EU) 2019/1023 eine zweite Chance eingeräumt und eine Entschuldung innerhalb von 3 Jahren ermöglicht werden. Derartige Zahlungspläne können monatliche Leistungen bis zu 7 Jahren vorsehen (siehe § 194 Abs 1 IO). Auch diesbezüglich hat der AKV in seinen Insolvenzstatistiken aufgezeigt, dass in solchen Verfahren nur mehr ein Drittel der Gläubiger Forderungen anmeldet, um geringe monatliche Quotenzuweisungen und hohe buchhalterische Kosten vermeiden zu können. Es muss daher in der Privatautonomie eines Gläubigers liegen, ob er seine Forderungen anmelden will, so dass Gläubigerforderungen nicht einem Automatismus nach Artikel 46 unterliegen sollten.

Durch den Entfall der Forderungsanmeldungen würden zudem der Justiz auch erhebliche Einnahmen aus den Gerichtsgebühren entgehen.

Die Insolvenzpraxis zeigt, dass etliche Schuldner auf Grund eines mangelhaften Rechnungswesens gar nicht in der Lage sind eine vollständige Gläubigerliste vorzulegen. Ziffer 1 dieses Artikels versteht der AKV so, dass die Abwicklung eines vereinfachten Liquidationsverfahrens die Vorlage eines Gläubigerverzeichnisses nun voraussetzt. Für den Fall, dass ein derartiges Gläubigerverzeichnis nicht vorgelegt wird, sollte die Richtlinie eine Überleitung in ein ordentliches Verfahren vorsehen.

Paragraf 5 (neu 4) sieht vor, dass das vereinfachte Liquidationsverfahren unter „Ausklammerung“ bestrittener Forderungen fortgesetzt werden kann. Der AKV hat keine Bedenken, dass das Liquidationsverfahren fortgesetzt werden kann, bezüglich einer Quotenausschüttung sollten den Gläubigern von bestrittenen Forderungen jedoch Sicherstellungsansprüche eingeräumt werden.

Article 47 Avoidance actions

Der AKV begrüßt die ersatzlose Streichung des Artikels 47, so dass Anfechtungsansprüche wieder uneingeschränkt verfolgt werden können.

Article 48 Establishment of the insolvency estate

Eine objektive Erfassung und Bewertung der Insolvenzmasse ist nicht nur unabdingbare Voraussetzung für eine wirtschaftliche Abwicklung von Insolvenzverfahren, sondern auch für Bewilligungen von Verwertungen und Kaufverträgen durch die Insolvenzgerichte.

Artikel 48 spricht lediglich von einer „final list of assets“. Der AKV wünscht sich eine Klarstellung, dass bereits kurzfristig nach Insolvenzeröffnung die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Vermögenswerte bekannt gegeben werden.

Wie in Paragraf 2 vorgesehen, sollte dieses Vermögensverzeichnis um neues und wiedererlangtes Vermögen permanent aktualisiert werden. Erst bei Beendigung des Verfahrens sollten in einer „final list“ analog einer Schlussrechnung die erzielten Erlöse am Ende des Verfahrens aufscheinen bzw. in diese aufgenommen werden.

Es ist unseres Erachtens unrealistisch, dass Unternehmen in ein Vermögensverzeichnis mögliche Haftungsansprüche gegen vertretungsbefugte Organe aufnehmen oder solche Ansprüche überhaupt realistisch und objektiv beurteilen können/wollen. Entnahmen und Verrechnungsforderungen spielen in der Insolvenzabwicklung zunehmend eine bedeutende Rolle. Solche Ansprüche werden von den Insolvenzverwaltern und nicht von Schuldnern aufgezeigt. Auch Anfechtungsansprüche werden in der Insolvenzpraxis von einem Insolvenzverwalter erforscht und aufgezeigt, da Schuldner kaum über das rechtliche Fachwissen verfügen oder an der Aufklärung von Anfechtungsansprüchen auf Grund beabsichtigter Begünstigungen kein Interesse haben.

Gerade die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses setzt nach Ansicht des AKV die Bestellung von Insolvenzverwaltern voraus, andernfalls diese Kontroll- und Erforschungstätigkeiten von einem Insolvenzverwalter auf das Insolvenzgericht verlagert werden. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben scheitert jedoch schon an den Kapazitäten der Insolvenzgerichte.

Chapter 4 Realisation of the assets and distribution of the proceeds

From Article 50 Electronic auction systems for the sale of the assets of the debtor to Article 54 Sale of the assets by electronic auction

Grundsätzlich zu begrüßen ist der Ansatz, dass Auktionsplattformen geschaffen werden sollen. Auch diesbezüglich nimmt Österreich eine Vorreiterstellung ein, nachdem Verkäufe aus der Insolvenz grundsätzlich in der Ediktsdatei zu veröffentlichen sind oder veröffentlicht werden können.

Nach unserer Erfahrung wird eine Verwertung über Auktionsplattformen lediglich über einen Insolvenzverwalter zielführend sein. Viele Schuldner werden schon an der Erstellung der zu veröffentlichenden Daten scheitern und die Insolvenzgerichte verfügen nicht über die Kapazitäten, um diese Verwertungen über Auktionsplattformen durchführen zu können.

Zu begrüßen ist Artikel 54 Paragraf 4, wonach den Mitgliedstaaten offenbar die Möglichkeit eingeräumt wird bei Verkäufen an die „familia suspecta“ gesonderte Konditionen vorzusehen.

From Article 55 Decision on the closure of the simplified winding-up proceedings to Article 57 Treatment of personal guarantees provided for business-related debts

Bezüglich der Artikel 55 bis Artikel 57 sieht der AKV keinen Handlungsbedarf, da das vereinfachte Liquidationsverfahren nur auf Verwertung und nicht auf Entschuldung ausgerichtet ist. Bei einem Einzelunternehmer gehen wir davon aus, dass nach Abschluss des vereinfachten Liquidationsverfahrens eine Überleitung in ein ordentliches Verfahren möglich ist, in welchem auch das Verbraucherinsolvenzrecht zur Anwendung gelangt. Diesbezüglich ist ohnehin bereits die Richtline (EU) 2019/1023 umgesetzt.

Komplementären oder sonstigen Gesellschaftern stehen in Österreich ohnehin eigene Verfahren für eine Entschuldung zur Verfügung.

Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten.  

Rückfragenhinweis

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Alpenländischer Kreditorenverband

Mag. Franz Blantz
Leiter Insolvenzbereich
Tel: 05 04 100 – 8000

Dr. Cornelia Wesenauer
Pressesprecherin
Insolvenzabteilung Wien/NÖ/Bgld
Tel: 05 04 100 – 1380

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